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Gesundheit

Überblick

GesundheitDieser Schwerpunktbereich umfasst neben den Berufsgruppen der Apotheker, Ärzte und Tierärzte auch die Krankenkassen sowie die Pharmaindustrie:

Apotheker

Das Werbeverhalten von Apothekern wird durch zahlreiche Normen bestimmt. Nicht nur durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Heilmittelwerbegesetz (HWG), sondern auch durch das Apothekengesetz und die Apothekenbetriebsordnung sowie durch das Arzneimittelgesetz. Bonus-Programme, Preiswerbung und ähnliche Marketingaktionen müssen sich daher (auch) an diesen Spezialvorschriften messen lassen.

Die Wettbewerbszentrale hat unter anderem die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Bonus-Programmen geklärt. So war es zum Beispiel fraglich, ob auch bei der Abgabe von preisgebundenen Arzneimitteln Boni, etwa in Form von Talern, gewährt werden dürfen, oder ob durch die Abgabe dieser Boni die durch das Arzneimittelgesetz vorgegebene Preisbindung unterlaufen wird. Die Rechtsprechung beurteilte derartige Aktionen sehr unterschiedlich. Im Jahr 2010 traf der Bundesgerichtshof dann eine Grundsatzentscheidung. Er kam zu dem Fazit, dass trotz der Preisbindung für Arzneimittel ein Rabatt von 1,00 Euro zulässig, ein Gutschein im Wert von 5,00 Euro dagegen unzulässig sei (Az. der Entscheidungen vom 09.09.2010: I ZR 193/07 (F 4 0092/06); I ZR 125/08 (F 4 0277/06) und I ZR 26/09 (F 4 0444/06); I ZR 37/08; I ZR 72/08; I ZR 98/08).

Aufgrund der zwischenzeitlich geänderten Rechtslage kommt es nunmehr aber auf die Frage der Spürbarkeit und die Höhe der Zuwendung nicht mehr an. Der Gesetzgeber hat nämlich durch die Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG klargestellt, dass Zuwendungen oder Werbegaben für Arzneimittel unzulässig sind, soweit sie entgegen den Preisvorschriften, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten, gewährt werden. Folgerichtig hat der BGH in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale einen Brötchen-Gutschein bei Rezepteinlösung für unzulässig gehalten (vgl. News v. 06.06.2019 // Apotheken-Boni bei Rezepteinlösung: BGH verbietet auch geringwertige Werbegaben durch Apotheken).

Die Grundsatzfrage, ob die deutsche Arzneimittelpreisbindung auch für in den Niederlanden ansässige Apotheken gilt, hat der EuGH im Oktober 2016 abschließend entschieden (Urteil vom 19.10.2016, Rs. C 148/15). Die deutschen Preisbindungsregeln stellen nach Auffassung des EuGHs für ausländische Apotheken ein Handelshemmnis dar, das auch im Hinblick auf eine flächenmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nicht gerechtfertigt ist. Ausgangspunkt des Verfahrens war ein von der Wettbewerbszentrale im Jahre 2009 beanstandetes Schreiben einer Patientenselbsthilfeorganisation, in dem diese ihren Mitgliedern eine Kooperation mit einer niederländischen Versandapotheke vorstellte. Im Rahmen dieser Kooperation wurden bei Einlösung von Rezepten von der niederländischen Apotheke gewährte Rabatte beworben. Das Landgericht Düsseldorf gab der Klage der Wettbewerbszentrale statt. Das in der Berufungsinstanz angerufene OLG Düsseldorf legte dem EuGH die Frage vor, ob die deutschen Normen vereinbar mit Europarecht seien (vgl. Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale vom 19.10.2016, News vom 22.03.2016 und News vom 02.06.2016). Infolge des Verfahrens kommt es nunmehr zu einer Ungleichbehandlung inländischer Apotheken, die weiterhin an die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel gebunden sind, während ausländische Apotheken Kunden in Deutschland Rabatte gewähren dürfen. In der nachfolgenden politischen Debatte um eine Lösung wurden verschiedene Möglichkeiten erörtert, angefangen von einem Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln über die Einführung eines Höchstpreises bis hin zu einer Beratungsgebühr für stationäre Apotheker.

Das Verbot von Rabattanreizen soll durch eine Änderung des Sozialgesetzbuches 5 (§ 129 SGB 5) bezüglich der Rahmenverträge über die Arzneimittelversorgung sichergestellt werden. Diese sind Voraussetzung dafür, dass Apotheken, auch solche aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgeben und mit den Krankenkassen abrechnen dürfen. Es bleibt abzuwarten, ob die Regelung im SGB V die Ungleichbehandlung zwischen inländischen und ausländischen (Versand ) Apotheken beseitigt.

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Ärzte, Zahnärzte

Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof haben in den letzten zwei Jahrzehnten das ärztliche Berufsrecht erheblich liberalisiert. Ärztinnen und Ärzte dürfen für ihre Leistungen werben. Wie alle anderen Werbenden unterliegen sie aber den allgemeinen Regeln des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Das HWG enthält zahlreiche Restriktionen. So weist es mit § 11 HWG einen ganzen Katalog verbotener suggestiver Werbemethoden auf, die im Einzelhandel üblich sein mögen, im Gesundheitsbereich aber wegen der Gefahren für die menschliche Gesundheit unerwünscht sind. § 3 HWG regelt die irreführende Werbung, § 7 HWG die grundsätzliche Unzulässigkeit von Geschenken.Darüber hinaus gelten für Ärztinnen und Ärzte die jeweiligen Berufsordnungen sowie die Gebührenordnungen.

Auch im Gesundheitsbereich bilden die Fälle irreführender Werbung einen Schwerpunkt. Die Wettbewerbszentrale stellt seit einigen Jahren fest, dass der Begriff der Praxis offensichtlich wenig werbewirksam ist. Stattdessen muss es das Center oder Zentrum oder in manchen Fällen auch die Klinik oder – moderner – die Clinic sein. Die Wettbewerbszentrale hat in zwei Musterverfahren klären lassen, dass eine Klinik, auch eine Praxisklinik, zumindest die Möglichkeit eines kurzen stationären Aufenthaltes bieten muss, da Verbraucher den Begriff als Synonym für ein Krankenhaus verstehen. (Pressemitteilung vom 26.10.2018). Auch eine „Stimmklinik“ muss über eine Übernachtungsmöglichkeit verfügen (12.11.2020). Ebenso geben unzutreffend dargestellte Qualifikationen Anlass zum Einschreiten. So hat z. B. das OLG Oldenburg einem Zahnarzt untersagt, sich als „Zahnarzt für Kieferorthopädie“ zu bezeichnen, sofern er nicht die nach dem Weiterbildungsrecht einer Zahnärztekammer erworbene Bezeichnung „Fachzahnarzt für Kieferorthopädie“ führen darf (OLG Oldenburg, Urteil vom 30.04.2021, Az. 6 U 263/20; News vom 04.05.2021). Ein Arzt verwendete die zutreffende Facharztbezeichnung, führte daneben aber weitere Gebiete auf, für die es keine Facharztbezeichnung gibt. (News vom 02.08.2021).

Anders als im Einzelhandel üblich unterliegen Geschenke im Gesundheitsbereich einer strengen Reglementierung. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 7 HWG. Eine Zuwendung ist – kurz zusammengefasst – alles, was in den Augen des Empfängers einen wirtschaftlichen Wert hat; auf den tatsächlichen Wert kommt es deshalb nicht an. Das können Werbegaben seitens der Pharmaindustrie an Arzt oder Ärztin sein, der/die etwa zu einer Bestellung ab einer bestimmten Menge eine Kaffeemaschine für die Praxis erhält. Das können aber auch Leistungen an den Patienten/Patientin sein, die kostenlos angeboten werden, sowie nicht-ärztliche Leistungen wie der kostenlose Shuttle-Service in die eigene Praxis.

In den letzten Jahren ist vermehrt die Tendenz bei Ärzten festzustellen, sich der Mittel des Einzelhandels wie Rabatte, Zugaben, Sonderangebote etc. zu bedienen. So werden z. B. auf Internetplattformen im Rahmen von Gutscheinaktionen so genannte Schönheitsoperationen, aber auch Vorsorgeleistungen wie eine professionelle Zahnreinigung, mit Rabatten von zum Teil bis zu 70 % angeboten. Anders als der Einzelhandel können Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte ihre Gebühren aber nicht frei festlegen. Die jeweiligen Gebührenordnungen sehen einen Gebührenrahmen vor, innerhalb dessen der Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt nach Ende der Behandlung und nach sachlich-medizinischen Kriterien wie Zeitaufwand, Schwierigkeit der Behandlung etc. sein Honorar festlegt. Mit diesen Vorschriften soll zum einen der Patient vor überhöhten Gebühren geschützt werden. Zum anderen soll ein Mindesthonorar das Grundeinkommen des Arztes und somit die gleichbleibende Qualität der ärztlichen Leistung sichern. Rabatte oder Pauschalpreise sehen die Gebührenordnungen gerade nicht vor. Entscheidungen verschiedener Gerichte bestätigen die Auffassung der Wettbewerbszentrale ( OLG Köln, Urteil vom 14.12.2012, Az. 6 U 108/12; OLG München, Urteil vom 07.03.2013, Az. 29 U 3359/12; Kammergericht, Urteil vom 09.08.2013, Az. 5 U 88/12; OLG Köln, Urteil vom 20.05.2016, Az. 6 U 155/15; News vom 27.01.2020).

Zunehmend – schon vor Corona – wird der persönliche Arztbesuch durch eine digitale Fernbehandlung ersetzt. Derartige, zum Teil hilfreiche Modelle von Arzt-Patienten-Kontakten unterliegen aber besonderen rechtlichen Regelungen. Unklar ist, in welchem Umfang Werbung für Fernbehandlung erlaubt ist. § 9 HWG verbietet grundsätzlich die Werbung für Fernbehandlungen. Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (BGBl. I S. 2562) wurde mit Wirkung zum 19.12.2019 ein neuer Satz 2 HWG eingefügt:

„Satz 1 ist nicht anzuwenden auf die Werbung für Fernbehandlungen, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien erfolgen, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.“

Hintergrund der Neufassung ist die Lockerung des ärztlichen Fernbehandlungsverbotes seit dem 121. Deutschen Ärztetag 2018. § 7 Absatz 4 der Musterberufsordnung (mittlerweile von fast allen Ärztekammern übernommen) sieht seitdem vor, dass eine ausschließliche Behandlung über Kommunikationsmedien im Einzelfall erlaubt ist, wenn diese u.a. ärztlich vertretbar ist und die ärztliche Sorgfalt gewahrt wird. Laut Begründung zur Neuregelung des § 9 HWG sollen nur solche Fernbehandlungen bei Menschen beworben werden dürfen, bei denen die Einhaltung anerkannter fachlicher Standards gesichert ist.

In einem von der Wettbewerbszentrale geführten Grundsatzverfahren gegen ein Versicherungsunternehmen hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Werbung für eine umfassende, nicht auf bestimmte Krankheiten oder Beschwerden beschränkte ärztliche Primärversorgung (Diagnose, Therapieempfehlung, Krankschreibung) im Wege der Fernbehandlung gegen das Werbeverbot des § 9 HWG verstößt (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2021, Az.: I ZR 146/20). Der BGH hat in diesem Verfahren entschieden, dass der Begriff der allgemein anerkannten fachlichen Standards unter Rückgriff auf die entsprechenden zivilrechtlichen Regelungen zum medizinischen Behandlungsvertrag und die dazu ergangene Rechtsprechung auszulegen sei. Eine umfassende Versorgung von Patienten, für die die Beklagte geworben hatte, entspricht jedenfalls nach Auffassung des BGH derzeit nicht den allgemein anerkannten fachlichen Standards (vgl. News der Wettbewerbszenrale v. 09.12.2021).

In einem weiteren Verfahren hat die Wettbewerbszentrale die Frage der Zulässigkeit digitaler Krankschreibungen klären lassen. Ein Unternehmen, das mit Krankschreibungen handelt und diese auf Anforderung ausstellt, ohne dass es eine Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt gibt, verstößt mit seiner Werbung gegen §§ 3, 3a UWG i.V.m. mit § 9 HWG (OLG Hamburg, Hinweisbeschluss vom 1. Oktober 2021 und Zurückweisungsbeschluss vom 19. Oktober 2021, Az.: 3 U 148/20). Auch das Online-Angebot von Testzertifikaten für Selbsttests ohne jeglichen Arztkontakt ist von einem Gericht untersagt worden (LG Hamburg, Beschluss vom 7. Dezember 2021, Az.: 406 HKO 129/21, nicht rechtskräftig)(vgl. Pressemitteilung der Wettbewerbszenrale v. 14.12.2022).

Die Wettbewerbszentrale geht auch gegen Werbende vor, die keinem Heilberuf angehören, aber den Eindruck einer ärztlichen oder zumindest akademischen Ausbildung erwecken. So hat die Wettbewerbszentrale mehrfach die Bezeichnung „Medizinische Kosmetikerin“ beanstandet (News vom 13.11.2020) oder hat die Bezeichnung einer Kosmetikerin als „para. med. Therapeutin für Hautgesundheit“ untersagen lassen (News vom 05.06.2018). Das OLG Hamm hat einem Friseur untersagt, mit Aussagen wie „Haarsprechstunde bei Haarausfall und Kopfhaut-Problemen“ zu werben (News vom 29.06.2020). Die Gesetzeslage ist eindeutig: Heilkunde darf außer dem Arzt oder der Ärztin nach § 1 Heilpraktikergesetz nur der Heilpraktiker mit der entsprechenden Erlaubnis ausüben. Wer unerlaubt Heilkunde ausübt, verstößt nicht nur gegen das Heilpraktikergesetz, sondern handelt auch wettbewerbswidrig nach § 3a UWG. Wer die Vorgaben des Heilpraktikergesetzes beachtet, aber medizinische Tätigkeiten ankündigt (die er tatsächlich nicht ausüben darf,) wirbt irreführend nach § 5 UWG.

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Tierärzte

Für Tierärzte gelten sowohl die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) als auch die Normen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) mit zahlreichen Restriktionen, etwa dem Verbot der irreführenden Werbung in § 3 HWG.

Wie in jedem Bereich betreffen die Anfragen oder Beschwerden irreführende Werbung. So geht es zum Beispiel um die Verwendung der Bezeichnung „tierärztliche Klinik“ oder Varianten wie „Tierklinik“. Die Bezeichnungen dürfen nach den tierärztlichen Berufsordnungen nur verwendet werden, wenn eine entsprechende Zulassung der jeweiligen Tierärztekammer vorliegt, die die Voraussetzungen für das Führen der Bezeichnung „Klinik“ zuvor geprüft hat (Hinweis für Frau Biermann: hier könnte man verlinken mit Aktuelles vom 12. November 2020). Auch die Preisgestaltung im tierärztlichen Bereich ist strikt durch die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) reguliert. Häufig gibt es Beschwerden, weil Tierärztinnen und Tierärzte Festpreise oder Rabatte für bestimmte Gruppen von Tierhaltern bewerben. Nach § 2 GOT bemisst sich die Höhe der Gebühren allerdings nach dem Einfachen bis Dreifachen des Gebührensatzes. Die Gebühr ist innerhalb dieses Rahmens unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Schwierigkeit der Leistungen, des Zeitaufwandes, des Wertes des Tieres sowie der örtlichen Verhältnisse nach billigem Ermessen zu bestimmen. Bei der Bemessung der Gebühr sind also sachlich-medizinische Kriterien heranzuziehen und zwar erst nach der Behandlung. Insofern lässt die GOT keinen Raum für Rabatte oder Festpreise. Bewerben Tierärztinnen und Tierärzte Routineleistungen wie etwa Kastrationen zu „Dumpingpreisen“, um Tierhalter an sich und die tierärztliche Praxis zu binden, so verstoßen sie nicht nur gegen die GOT, sondern auch gegen die Vorschriften des Wettbewerbsrechts. Die Wettbewerbszentrale hat schon zahlreiche Fälle dieser Art außergerichtlich unterbinden können. Interessant in diesem Zusammenhang ist der Beitrag von Köber, Enge Grenzen: Preiswerbung in der Tierarztpraxis, in Der Praktische Tierarzt 92, Heft 2 (2017), S. 162.

Tierärzte müssen sich immer häufiger gegen Berufsgruppen abgrenzen, die ebenfalls auf dem Gebiet der Tierheilkunde tätig sind, wie etwa Tierheilpraktiker oder Tierpsychologen. Zwar kann sich als Tierheilpraktiker oder Tierpsychologe jeder niederlassen, da diese Berufe nicht geschützt sind, die Wettbewerbszentrale hält es allerdings für irreführend, wenn der werbliche Auftritt den Eindruck einer akademischen Ausbildung vermittelt.

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Pharma-Industrie

Die Werbung pharmazeutischer Unternehmen muss sich an den Vorgaben des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) messen lassen. Darüber hinaus gelten allerdings zahlreiche Spezialnormen, wie insbesondere das Heilmittelwerbegesetz, das zahlreiche Restriktionen enthält, und das Arzneimittelgesetz.

Häufiger Anlass von Beschwerden ist die Preisgestaltung, etwa die Rabattierung bei Arzneimitteln. Hier ist insbesondere § 7 HWG zu beachten, der in der wettbewerbsrechtlichen Praxis eine große Rolle spielt. Die Vorschrift beschränkt die Werbung mit Zuwendungen und sonstigen Werbegaben. Sie beinhaltet ein kompliziertes Regelungsgefüge bestehend aus einem Grundsatz, verschiedenen Ausnahmen und Rückausnahmen. Eine wichtige Vorschrift für Arzneimittel findet sich in § 7 Abs. 1 Nr. 2 HWG. Hiernach sind Geld- oder Naturalrabatte vom Zuwendungsverbot grundsätzlich ausgenommen. Hiervon gibt es wiederum zwei Rückausnahmen für Arzneimittel, die ebenfalls in dieser Vorschrift geregelt sind. Auch die Abgabe von Sachzuwendungen ist grundsätzlich unzulässig. Dies gilt auch für die Handelsstufen. So hat z.B. das OLG Hamm die Werbeaktion eines Herstellers untersagt, der Apothekern beim Bezug von Medizinprodukten ab einer bestimmten Bestellmenge Boxen mit Gummibärchen schenkte. Derzeit lässt die Wettbewerbszentrale klären, wie die Gewährung von Payback-Punkten nach den heilmittelwerberechtlichen Vorschriften beurteilt wird. Dazu gibt es zwei unterschiedliche Entscheidungen für Hörgeräte auf der einen und Arzneimittel auf der anderen Seite. Das Landgericht Hamburg verneinte bei der Gewährung von Payback-Punkten für den Kauf von Hörgeräten den für § 7 HWG erforderlichen Produktbezug (LG Hamburg, Urteil vom 12. Mai 2021, Az.: 213 O 306/19, nicht rechtskräftig). Das Landgericht Mannheim hielt dagegen die Gewährung von Payback-Punkten für die Vorbestellung von Produkten einer Apotheke für wettbewerbswidrig (LG Mannheim, Urteil vom 15. April 2021, Az.: 25 O 37/20, nicht rechtskräftig) für unzulässig. (Vgl. News der Wettbewerbszentrale v. 12.08.2021).

Zur Werbung mit Anwendungsgebieten für homöopathische Arzneimittel hat die Wettbewerbszentrale eine Grundsatzentscheidung erstritten (BGH, Urteil vom 28.09.2011, Az. I ZR 96/10). Gegenstand des Verfahrens war die Broschüre eines pharmazeutischen Unternehmers, die an Ärzte oder Heilpraktiker verteilt wurde. In der Broschüre warb das Unternehmen für seine registrierten homöopathischen Arzneimittel. § 5 HWG verbietet allerdings eine Werbung mit Anwendungsgebieten für homöopathische Arzneimittel. Der Wortlaut der Norm unterscheidet nicht danach, ob sich die Werbung an den Verbraucher richtet oder an Fachkreise. Hintergrund dieser Sonderregelung ist die Tatsache, dass Fertigarzneimittel, die als homöopathische Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden, keine Zulassung, sondern lediglich eine Registrierung benötigen. Dem Antrag auf Registrierung sind die erforderlichen Unterlagen mit Ausnahme der Angaben über die Wirkungen und der Anwendungsgebiete beizufügen, denn Wirksamkeitsnachweise für bestimmte Anwendungsgebiete sind bei homöopathischen Arzneimitteln kaum zu führen. Bereits das Oberlandesgericht Hamm hatte die Auffassung vertreten, dass das Werbeverbot des § 5 HWG nach seinem Wortlaut und seinem Sinn und Zweck auch dann gelte, wenn sich die Information nur an das Fachpublikum richte (OLG Hamm, Urteil vom 15.04.2010, Az. 4 U 218/09). Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung bestätigt. Auch eine Werbung mit einer „Arzneimittelhistorie“ ist nicht zulässig. Der BGH hat daher die Nichtzulassungsbeschwerde eines pharmazeutischen Unternehmers gegen ein Urteil des OLG Stuttgart zurückgewiesen (vgl. News der Wettbewerbszentrale vom 31.10.2014).

Die Wettbewerbszentrale klärt derzeit in mehreren Verfahren, ob homöopathische Arzneimittel auf den Packungen oder sonst werblich mit einem Stoff bezeichnet werden können, der tatsächlich nicht in diesen Produkten enthalten ist. Konkret geht es um sogenannte HCG-Globuli. HCG ist ein Schwangerschaftshormon, das in diesen Produkten nicht nachweisbar ist, aber bei der Gewichtsabnahme helfen soll. Das OLG Frankfurt macht in einem Verfahren deutlich, dass in Anbetracht dieser Produktbezeichnung ein Großteil der Verbraucher davon ausginge, dass in dem Arzneimittel auch tatsächlich HCG enthalten sei (OLG Frankfurt, Anerkenntnisurteil vom 10. Juli 2021, Az.: 6 U 49/20).

Häufig geht es in Anfragen oder Beschwerden um die Frage, ob Werbeaussagen irreführend sind im Sinne des § 3 HWG, etwa indem sie eine nicht vorhandene Wirksamkeit vortäuschen. In einigen Fällen geht es auch um die Frage, ob für einen Anwendungsbereich geworben wird, der tatsächlich von der Zulassung nicht umfasst ist (§ 3a S. 2 HWG).
Auch Arzneimittelpackungen sind immer wieder Gegenstand von Überprüfungen durch die Wettbewerbszentrale. § 10 Abs. 1 S. 5 Arzneimittelgesetz (AMG) sieht vor, dass die Arzneimittelverpackung lediglich sachbezogene für die Anwendung wichtige Informationen enthalten soll. Der weite Wortlaut dieser Vorschrift führt häufiger zu der Frage, ob eine noch sachgerechte Information oder ein werblicher Überschuss vorliegt (Vgl. News der Wettbewerbszentrale v. 23.03.2021 sowie News der Wettbewerbszentrale v. 24.04.2020).
 
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Krankenkassen

Seit Anfang 1996 können Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen in wesentlich weiterem Umfang als bis zu jenem Zeitpunkt zu einer anderen Krankenkasse wechseln. Dieses erheblich erweiterte Wahlrecht der Verbraucher hat dazu geführt, dass die gesetzlichen Krankenkassen verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch machen, ihre Mitglieder zu halten oder neue Mitglieder zu gewinnen. Während für Streitigkeiten von Krankenkassen untereinander der Sozialrechtsweg gegeben ist, ist maßgebliches Kriterium bei Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und Wettbewerbsverbänden wie der Wettbewerbszentrale die Frage, ob der Rechtsstreit eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung betrifft (BGH, Urteil vom 23.02.2006, Az. I ZR 164/03, WRP 2006, 747; BGH, Beschluss vom 09.11.2006, Az. I ZB 28/06; BGH, Beschluss vom 30.01.2008, Az. I ZB 8/07). Die Wettbewerbszentrale kann nicht tätig werden, wenn es um die Erfüllung der den Krankenkassen nach dem SGB V obliegenden Aufgaben geht. Werden die Unterlassungsansprüche dagegen auf einen Verstoß gegen Vorschriften des UWG gestützt, die jeder private Mitbewerber beachten muss, ist der Zivilrechtsweg gegeben. Die Wettbewerbszentrale kann den Unterlassungsanspruch geltend machen.

Mit Urteil vom 03.10.2013 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Mitgliederwerbung einer Krankenkasse grundsätzlich dem Wettbewerbsrecht unterliegt (Rs. C 59/12). Krankenkassen seien als Gewerbetreibende im Sinne der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken anzusehen. Folglich müssten sich deren Werbeaktivitäten auch am Wettbewerbsrecht messen lassen (vgl. News der Wettbewerbszentrale vom 03.10.2013).

Auch bei Krankenkassen machen – wie in fast jeder Branche – die Fälle der irreführenden Werbung den Schwerpunkt aus. Die Irreführung betrifft den Beitrag, den Umfang der Leistung, die Werbung mit nicht zutreffenden Testergebnissen etc.. Häufig wird auch die eigene Leistung mit der Leistung des oder der Mitbewerber verglichen, wobei die Vergleiche oftmals unzutreffend sind (vgl. News der Wettbewerbszentrale v. 24.06.2020). So warb z.B. eine Krankenkasse damit, den günstigsten Beitrag von allen Krankenkassen zu haben. Für die aufgeführten zwei Krankenkassen traf das zwar zu, nicht aber für alle Krankenkassen. In der Werbung einer Betriebskrankenkasse wurden die durch die Erhöhung des Zusatzbeitrages angefallenen Mehrkosten pro Monat „geschönt“, in dem sie geringer dargestellt wurden. In einem weiteren Fall warb eine Krankenkasse mit einem Zuschuss von bis zu 500,00 Euro für den Besuch im Fitnessstudio. Laut Satzung erhielten Versicherte allerdings nur einen Zuschuss von maximal 250,00 Euro.

Krankenkassen ist Werbung für ihre Leistungen und um Mitglieder nach § 4a Abs. 3 SGB 5 ausdrücklich erlaubt. Der mit dieser Vorschrift abgesteckte Rahmen soll nun mit einer Verordnung zur Zulässigkeit von Werbemaßnahmen der Krankenkassen (Krankenkassen-Werbemaßnahmen-Verordnung) konkretisiert werden. Das Bundesministerium für Gesundheit beabsichtigt, durch Rechtsverordnung Werbemaßnahmen der Krankenkassen detaillierter zu regeln. Die Wettbewerbszentrale hat wie andere Verbände auch die Gelegenheit erhalten, sich zum Referentenentwurf zu äußern. Sie begrüßt grundsätzlich die Regelungen, hat aber an einigen Stellen angeregt, die Formulierungen im Hinblick auf die für Krankenkassen erstrebte Rechtssicherheit klarer zu fassen (vgl. News der Wettbewerbszentrale v. 23.02.2021 mit Stellungnahme der Wettbewerbszentrale zur Krankenkassen-Werbemaßnahmen-Verordnung).

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Stand: 18.03.2022

Seminar

12. Gesundheits-
rechtstag der Wettbewerbszentrale


18. November 2022 Frankfurt/Main
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